Für die regenerative Behandlung von chondralen Defekten stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, die von der AG Klinische Geweberegeneration der DGOU empfohlen werden [1]. Die alleinige Knochenmarkstimulation wird nur noch bei kleinen Defekten bis 1 cm2 empfohlen, wobei auf moderne Methoden, wie das Microdrilling und Nanofrakturierung, zurückgegriffen werden sollte.
Bei Defekten über 1 cm2 Durchmesser werden die matrixaugmentierte Knochenmarkstimulation und die autologe Chondrozytentransplantation empfohlen. Die matrixaugmentierte Knochenmarkstimulation ist ein einzeitiges Verfahren und aufgrund der einmaligen OP für die Patienten und aufgrund des reduzierten regulatorischen und bürokratischen Aufwands für die Operateure von Vorteil. Des Weiteren ist die matrixaugmentierte Knochenmarkstimulation eine medizinische Verbesserung gegenüber der alleinigen Mikrofrakturierung und ein seit über zehn Jahren angewendetes Verfahren zur Behandlung von chondralen und osteochondralen Defekten, welches ihr regeneratives Potenzial in vielen klinischen Studien belegen konnte [2, 3]. Mit genügend Erfahrung in der regenerativen Knorpelbehandlung und der Verwendung von hochwertigen Instrumenten und Medizinprodukten kann eine erfolgreiche einzeitige Knorpelregeneration mit hoher Regeneratqualität und geringer Komplikations- und Revisionsrate durchgeführt werden. In dem folgenden Fallbericht wird die arthroskopische Behandlung eines chondralen Defekts am Kniegelenk eines Profifußballspielers (2. Bundesliga) mittels Nanofrakturierung und Abdeckung mit einer Hyaluronsäurematrix vorgestellt.
Anamnese
Bei dem vorgestellten Patienten handelt es sich um einen 27-jährigen Profisportler (2. Bundesliga, Fußball), der eine chondrale Läsion im Bereich der Trochlea zeigte. Initial erfolgte, auch vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung der Spielfähigkeit, eine intensive konservative Therapie. Trotz Physiotherapie, physikalischen Maßnahmen und auch intraartikulärer Hyaluron- bzw. PRP-Injektion zeigte sich keine wesentliche Besserung der Beschwerden. Er klagte fortbestehend über Ruhe- und Belastungsschmerzen sowie Schwellneigung, sodass die Indikation zur operativen Versorgung gestellt wurde. In der MRT fand sich ein Defekt mit einer Größe von ca. 15 x 20 mm. Aufgrund der Größe des Defektes mit 3,0 cm2 (Abb. 1) wurde auch über die Möglichkeit eines zweizeitigen Vorgehens mit Verwendung einer mACT gesprochen. Dies wurde von dem Patienten auch vor dem Hintergrund der potenziellen Ausfallzeit abgelehnt, sodass die Indikation zu einer arthroskopischen matrixunterstützten Knochenmarkstimulation gestellt wurde. Eine begleitende Pathologie des patellofemoralen Gleitlagers oder eine relevante Achsdeformität bzw. Bandinstabilität lagen nicht vor.
OP-Technik
Initial erfolgte eine diagnostische Arthroskopie mit Resektion kleinerer freier Gelenkkörper sowie die subtile Präparation der Defektränder. Wie bei allen Knorpeldefekten wurde auch hier primär durch Debridement der instabilen Knorpelanteile die Herstellung eines stabilen Knorpeldefektrandes erreicht. Wir verwenden hierzu Shaver, Küretten sowie speziell für die Knorpelpräparation entwickelte Instrumente wie z. B. ein Chondrectom®. Der so entstandene, gut definierte Defekt wurde dann mit einer Markierungssonde vermessen. Anschließend erfolgte die Knochenmarkstimulation mit Eröffnung des sub- chondralen Knochens (Abb. 2 – 4). Verschiedene Studien konnten hierbei zeigen, dass tiefere Perforationen mit kleineren Durchmessern, wie z. B. mit NanoFx®, eine bessere Regeneratqualität des Knorpelgewebes aufweisen als die häufig verwendete Perforation mittels Mikrofrakturierungsahle [4]. Daher verwendeten auch wir in diesem vorliegenden Fall solch ein Gerät. Wir führen diesen Schritt stets ohne Verschluss der Oberschenkelblutsperre durch, um so die gewünschte Einblutung in den Defekt zu visualisieren.
Die gesamte Gelenkflüssigkeit wurde anschließend entfernt und der Defekt mit kleinen Tupfern getrocknet. Im Anschluss erfolgte ein passgenaues Zurechtschneiden der Hyaluronsäurebasierten Matrix (Hyalofast®) auf die entsprechende Defektgröße. Die Membran wurde nun durch eine minimale Erweiterung des arthroskopischen Portales in das Gelenk eingebracht und mit der Sonde in den Defekt modelliert. Kleinere knöcherne Defekte bis ca. 2 – 3 mm Tiefe könnten hierbei auch ohne separate Spongiosaanlagerung therapiert werden. Durch das in den Defekt einlaufende Blut der Eröffnung des subchondralen Knochens kommt es meist zu einer guten Adhäsion der Membran und Verschluss des Defektes, sodass kein weiteres Fixierungsmaterial erforderlich ist (Abb. 5). Andernfalls kann die Matrix zusätzlich mit Fibrin-Kleber fixiert werden. Vor dem Verschluss wird das Gelenk unter arthroskopischer Kontrolle bewegt, um eine sichere Fixierung der Matrix zu gewährleisten.
Nachbehandlung
Zur Nachbehandlung empfehlen wir eine 48 h Streckstellung des Gelenkes, um so eine verbesserte Adhäsion der Membran initial zu gewährleisten. Im Anschluss dann Mobilisation mit Steigerung der Beweglichkeit im zweiwöchigen Rhythmus von initial auf 0-0-30° auf 0-0-60° und abschließend 0-0-90° unter Verwendung einer limitierenden Knieorthese. Begleitend eine CPM-Anwendung. Ebenfalls für sechs Wochen Teilbelastung mit 10 bis 15 kg. Bei Defekten des patellofemoralen Gleitlagers erlauben wir nach Abschluss der 6.po.Woche eine Vollbelastung auf ebener Erde bei Teilentlastung des patellofemoralen Gleitlagers wie z. B. beim Treppensteigen für weitere sechs Wochen.
Ergebnis
In dem hier beschriebenen Fall zeigte sich ein komplikationsloser postoperativer Verlauf. Nach ca. drei Monaten fand sich eine schmerzfreie Alltagsbelastung. Aufgrund des hohen körperlichen und sportlichen Anspruchs des Patienten als Profifußballspieler wurde eine hochintensive Rehamaßnahme durchgeführt. Der Wiedereinstieg in das Mannschaftstraining erfolgte nach ca. acht Monaten. Die gesamte Ausfallzeit inkl. der initialen konservativen Therapie betrug 278 Tage.
Diskussion
Die vorgestellte minimal invasive Therapie eines Defektes im Bereich der Trochlea mit arthroskopischer matrix-unterstützter Knochenmarkstimulation ist eine technisch einfache und sichere Möglichkeit der Behandlung von chondralen Defekten mit insgesamt minimaler Zugangsmorbidität und sollte daher bei der Behandlung betroffener Patienten in Betracht gezogen werden. Der vorliegende Fall zeigt auch in einem hochbelasteten Patientengut ein gutes Ergebnis bei akzeptabler Ausfallzeit. Die verwendete Hyaluronsäurematrix eignet sich hierbei besonders gut für die arthroskopische Anwendung, da diese bei Kontakt mit Blut gelartig wird und selbstadhäsive Eigenschaften aufweist. Hierdurch kann die Matrix einfach in den Defekt modelliert werden und benötigt nicht zwingend eine weitere Fixierung durch z. B. Fibrinkleber oder Nähte. Darüber hinaus wird beim Abbau der Matrix native Hyaluronsäure in den Defekt freigesetzt und kann dort die Chondroprotektion und -genese biologisch unterstützen. Die Matrix ist vielseitig anwendbar. Sie kann beispielhaft als Sandwichtechnik in mehreren Lagen oder u. a. auch in Kombination mit anderen Verfahren, wie z. B. mit fragmentiertem Knorpel, mit Knochenmarkaspirat und mit autologer Spongiosa verwendet werden.
Neben den spezifischen Eigenschaften der Matrix erscheint uns auch analog der Studienlage die Durchführung einer Nanofrakturierung wichtig. Die Arbeitsgruppe um Chen et al. konnte hierbei zeigen, dass ein tieferer Zugang zum Knochenmark im Vergleich zu flacheren Löchern zu einer größeren Volumenauffüllung des Defekts führt. Außerdem zeigte das Regenerat mehr Typ-II-Kollagen, respektive weniger Typ-I-Kollagen, sowie verbesserte Knorpeloberflächeneigenschaften [4]. Dies wurde von Gianakos et al. bestätigt. Er beschrieb, dass im Gegensatz zu der tieferen und dünneren Nanofrakturierung eine nur 3 mm tiefe Mikrofrakturierung zu Knochenverdichtung führte, überwiegend keine direkten Zugänge zum Knochenmark hervorbrachte, dadurch keine regenerativen Zellen mobilisiert wurde und somit kein zufriedenstellende Knorpelregeneration erbrachte [5].
Fazit
Zusammengefasst erscheint uns auch im vorliegenden Fall die Verwendung einer Hyaluronsäurematrix in Kombination mit einer tiefen Perforation durch Nanofrakturierung eine gute und klinisch zufriedenstellende Regeneratqualität des Knorpelgewebes zu erbringen.
Literatur
- Empfehlungen der AG Klinische Geweberegeneration zur Behandlung von Knorpelschäden am Kniegelenk. Niemeyer P, Albrecht D, Aurich M, Becher C, Behrens P, Bichmann P, Bode G, Brucker P, Erggelet C, Ezechieli M, Faber S, Fickert S, Fritz J, Hoburg A, Kreuz P, Lützner J, Madry H, Marlovits S, Mehl J, Müller PE, Nehrer S, Niethammer T, Pietschmann M, Plaass C, Rössler P, Rhunau K, Schewe B, Spahn G, Steinwachs M, Tischer T, Volz M, Walther M, Zinser W, Zellner J, Angele P. Z Orthop Unfall. 2023 Feb;161(1):57-64. doi: 10.1055/a-1663-6807.
- Matrix-induced chondrogenesis is a valid and safe cartilage repair option for small- to medium-sized cartilage defects of the knee: a systematic review. Karpinski K, Häner M, Bierke S, Petersen W. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2021 Dec;29(12):4213-4222. doi: 10.1007/s00167-021-06513-y.
- Long-term Clinical Outcomes of One-Stage Cartilage Repair in the Knee With Hyaluronic Acid-Based Scaffold Embedded With Mesenchymal Stem Cells Sourced From Bone Marrow Aspirate Concentrate. Gobbi A, Whyte GP. Am J Sports Med. 2019 Jun;47(7):1621-1628. doi: 10.1177/0363546519845362.
- Depth of subchondral Perforation Influences the Outcome of Bone Marrow Stimulation Cartilage Repair. Chen H, Hoemann CD, Sun J, Chevrier A, McKee MD, Shive MS, Hurtig M, MD Buschmann. J Orthop Res. 2011 Aug;29(8):1178-84. doi: 10.1002/jor.21386.
- The Effect of Different Bone Marrow Stimulation Techniques on Human Talar Subchondral Bone: A Micro-Computed Tomography Evaluation. Gianakos AL, Yasui Y, Fraser EJ, Ross KA, Prado MP, Fortier LA, Kennedy JG. Arthroscopy. 2016 Oct;32(10):2110-2117. doi: 10.1016/j.arthro.2016.03.028.
Autoren
ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Spezielle Orthopädische Chirurgie und Sportmedizin. Er ist Partner der Praxisklinik Sportopaedie in Heidelberg und war langjähriger leitender Orthopäde des OSP Rhein-Neckar und der Damen Volleyball Nationalmannschaft. Aktuell betreut die Praxis u. a. den SV Sandhausen (Fußball), die Rhein-Neckar Löwen (Handball) sowie die MLP Academics (Basketball).