In der Welt von Orthopädie und Sportmedizin sind optimale Behandlungsstrategien ständig gesucht, denn die Vielfalt von muskuloskelettalen Verletzungen und Erkrankungen verlangt nach einem facettenreichen Ansatz. Hier setzt die Superior Combination Therapy (SCT) an: indem verschiedene therapeutische Methoden miteinander verbunden werden, kann die breite Palette an Faktoren adressiert werden, die den Beschwerden unserer Patienten zugrunde liegen.
Von biomechanischen Ungleichgewichten bis hin zu Heilungsprozessen des Gewebes – jeder Aspekt erfordert präzise Aufmerksamkeit, um eine umfassende Rehabilitation und Leistungssteigerung zu ermöglichen. Diese Herangehensweise verbessert nicht nur die Resultate, sondern unterstreicht auch die Bedeutung einer maßgeschneiderten, persönlichen Betreuung, die die individuellen Bedürfnisse unserer Patienten berücksichtigt.
Bedeutung der physikalischen Therapie
Neben operativer Therapieverfahren, medikamentöser und orthobiologischer Therapie, aktiver und passiver Übungstherapie bzw. Physiotherapie, nutritiver Therapie, Psychotherapie und Patientenedukation hat die physikalische Therapie einen besonderen Stellenwert in der umfassenden Behandlung muskuloskelettaler Beschwerden. Die Grundlage der physikalischen Therapie ist der Energietransfer am Körper, welcher in allen erdenklichen physikalischen Formen der Energie angewandt wird: Schallwellen (Stoßwellentherapie, Ultraschalltherapie), elektromagnetische Strahlung (Lasertherapie, Strahlentherapie), thermische Verfahren (Wärme-/Kältetherapie), elektrischer Strom (TENS/EMS, Nieder-/Mittel-/Hochfrequenz-Therapie, Hochvolt-Therapie) und Magnetfelder (oszillierendes/statisches Magnetfeld, Kernspinresonanz-Therapie). Bei vielen dieser Therapieverfahren ist häufig nicht klar, welche Mechanismen im Körper ausgelöst werden – teilweise ist nicht einmal klar ersichtlich, welche physikalischen Vorgänge an den Therapiegeräten selbst ausgelöst werden. Daher muss eine kritische Auseinandersetzung mit der vorhandenen Evidenz erfolgen: für die Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) existiert aktuell die beste Evidenzlage, bislang wurde nicht nur die klinische Wirkung bei zahlreichen Indikationen nachgewiesen, sondern auch unzählige biologische Wirkmechanismen definiert, z. B. die Reduktion von Schmerz und Entzündung über Substanz P in C-Nervenfasern, Reduktion des Muskeltonus durch Änderungen an der neuromuskulären Endplatte und Stimulation von Mirkozirkulation, Lymphabfluss und des zellulären Stoffwechsels. Für Ultraschalltherapie wurden zwar ebenfalls Effekte in der Literatur beschrieben, jedoch in deutlich geringerem Umfang als bei der ESWT. Die Strahlentherapie besitzt definitiv Wirksamkeit, sollte jedoch aufgrund der hohen Invasivität komplexen, therapierefraktären Fällen bei nicht-onkologischen Indikationen vorbehalten sein. Auch bei der Behandlung mit Laserstrahlen konnte für die Wellenlänge von 905 nm eine biologische Wirkung auf Nozizeptoren und den Prostaglandin-Stoffwechsel nachgewiesen werden, jedoch ist die Evidenzlage gerade aufgrund der vielen potenziellen Wellenlängen (zwischen 400 nm – 1200 nm) und weiteren physikalischen Parametern (Absorption, Energiedichte, Frequenz, etc.) sehr inhomogen.
Die Applikation von Wärme und Kälte ist bereits weit verbreitet, insbesondere für Kältetherapie sind widersprüchliche Meinungen in der Literatur vorherrschend: einerseits ist zwar der analgetische und abschwellende Effekt beschrieben, jedoch wird gewarnt, dass Kälte auch die zelluläre Regeneration bremsen könnte und daher nur bedingt eingesetzt werden sollte. Die beiden auf den ersten Blick konträren Standpunkte können unter der Berücksichtigung der Verletzungsphasen in Einklang gebracht werden: in der initialen destruktiven Phase, in der das beschädigte Gewebe beseitigt wird und Schmerz und Schwellung im Vordergrund stehen, erscheint die Applikation von Kälte zur Symptomlinderung als sinnvoll. In der darauffolgenden Regenerationsphase, in der neues Gewebe aufgebaut werden soll und die zelluläre Proliferation im Vordergrund steht, scheint die stoffwechsel-bremsende Kälteapplikation tatsächlich hinderlich zu sein. Bei chronischen inflammatorischen Prozessen kann Cryotherapie helfen, um den andauernden Entzündungskreislauf zu durchbrechen. Eine besondere Art der Kälteanwendung stellt die neuroreflektorische hyperbare CO2-Kältetherapie dar, bei der nicht nur eine lokale Kältereaktion vermittelt wird, sondern durch die rasche Abkühlung einer Extremität auch eine systemische Kältereaktion, die mutmaßlich die Wirkung verstärkt. Für die weiteren physikalischen Therapieverfahren, der Elektrotherapie und der Magnetfeldtherapie, existieren insgesamt kaum wissenschaftlich belastbare Daten. Es ist zwar zu betonen, dass fehlende Evidenz nicht mit fehlender Wirkung gleichgesetzt werden darf, jedoch ist bei unzureichender Informationslage zu den biophysikalischen Wirkprinzipien eine Einschätzung zum möglichen Stellenwert der Therapieverfahren kaum möglich.
„Dreifaltigkeit der physikalischen Therapie“
Die drei Verfahren mit den vielversprechendsten Ansätzen, Stoßwellentherapie, Cryotherapie und Lasertherapie haben sich den Spitznamen der „Dreifaltigkeit der physikalischen Therapie“ verdient. Allerdings fehlt zum aktuellen Zeitpunkt jegliche Evidenz zur Überlegenheit der Kombination dieser Therapiemodalitäten im Vergleich zur alleinigen Anwendung einzelner Verfahren. Deshalb ist es die Aufgabe zukünftiger Forschungsprojekte, die Kombination mehrerer Verfahren mit den einzelnen Verfahren innerhalb einer Studie zu vergleichen, um neue Erkenntnisse über Kombinationstherapien zu erhalten.
Autoren
ist Assistenzarzt in der Sektion Sportorthopädie am Klinikum Rechts der Isar der TU München. Er hat am Lehrstuhl Anatomie II der LMU über die regenerative Stammzelltherapie bei Sehnendefekten promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) und physikalische Verfahren in der Orthopädie. Zuvor war er in der sportmedizinischen Praxis MedWorks Augsburg tätig.