Ob beim Basketball, Skisprung oder Hürdenlauf – das Sprunggelenk ist in vielen Sportarten hohen Belastungen ausgesetzt. Entsprechend häufig kommt es zu Verletzungen wie Distorsionen, Bänderrissen oder Frakturen. Im Rahmen des Steinbach-Talks haben Sportmediziner und Physiotherapeuten ihre Empfehlungen zur Diagnose und Therapie von Sprunggelenksverletzungen auf den neuesten Stand gebracht.
Allein in Deutschland kommt es täglich zu 8.000 Distorsionen des oberen Sprunggelenks (OSG). Hochgerechnet sind das drei Millionen Fälle pro Jahr. Etwa die Hälfte davon ereignen sich beim Sport. Sportmediziner wissen um die möglichen Folgen einer schlecht ausgeheilten Verletzung: In manchen Fällen kann eine Rest-Instabilität bestehen bleiben, die zunächst nicht weiter auffällt, im weiteren Verlauf aber beispielsweise zu einer Arthrose führen kann.
Bei einer frischen Sprunggelenksverletzung gilt es, zunächst den Schweregrad und das Ausmaß der Verletzung einzuschätzen. Im Falle einer OSG-Distorsion können zusätzliche Schäden an Knorpel, Knochen, Sehnen oder Bändern auftreten. Eine ausführliche Anamnese sowie eine Tastuntersuchung und klinische Untersuchungen wie die Überprüfung des Talusvorschubs bilden die Grundlage der Diagnostik.
Weiteren Aufschluss liefern Ultraschall, Röntgen und/oder eine Magnetresonanztomographie. Je nach Art der Verletzung kann außerdem eine Computertomographie bzw. digitale Volumentomographie sinnvoll sein. Eine weiterführende Diagnostik ist bei anhaltenden Schmerzen unter Belastung, bei Schmerzen entlang der Fibula mit proximaler Ausstrahlung und bei Schmerzen im medialen sowie lateralen Bandapparat angezeigt.
Die genaue Vorgehensweise und worauf es bei der Behandlung von frischen und chronischen Verletzungen ankommt, wird im aktualisierten Therapieschema Sprunggelenksverletzungen geschildert, das vor wenigen Tagen als Vortrag auf der 72. VSOU-Tagung in Baden-Baden vorgestellt wurde1.
Schwere Verletzungen wie eine Syndesmosenruptur, eine Totalruptur des Innenbandes, eine Fraktur oder eine Peronealsehnenverletzung sind OP-Indikationen. Außerdem ist eine Operation bei chronischen Instabilitäten, Rezidivverletzungen, einem knöchernen Ausriss oder einer Ruptur aller drei Außenbänder zu erwägen.
Weniger komplizierte Verletzungen können nach Experten-Meinung meist immer konservativ behandelt werden. Die Behandlungsziele liegen dabei in der Wiederherstellung einer stabilen, normalen Gelenkfunktion sowie der Reduktion von Schwellungen, meist mit einer Einschränkung der Mikrozirkulation einhergehen und den Heilungsprozess verzögern können.
Das bedeutet für die Praxis, dass nicht jede Sprunggelenksverletzung mit einer Orthese behandelt werden muss. So kann beispielsweise bei einer OSG-Distorsion vom Grad I mit großer Schwellung – aber ohne Bänderriss – eine Orthese die Mikrozirkulation und somit auch die Abschwellung beeinträchtigen. Eine Entlastung, beispielsweise mit Unterarmgehstützen, ist in den ersten Tagen aber in aller Regel sinnvoll, so die Expertenmeinung. Im Anschluss daran kann je nach Bedarf mit Lymphdrainagen, kinesiologischem Taping und einer manuellen Therapie begonnen werden. Nach spätestens sieben Tagen sollte eine Nachkontrolle erfolgen. Im weiteren Verlauf sind unter Umständen eine frühfunktionelle Behandlung sowie ein Stabilisationstraining nötig.
Der Steinbach-Talk ist ein jährlich stattfindendes interdisziplinäres Treffen von führenden Sportmedizinern und Physiotherapeuten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Expertinnen und Experten sind u.a. für Profivereine, den Deutschen Olympischen Sportbund, den Deutschen Skiverband, den Deutschen Leichtathletik Verband und in der individuellen Betreuung von Leistungssportlern aktiv.
Das Therapieschema Sprunggelenksverletzungen kann auf dem Fachportal Heelmed angesehen, heruntergeladen oder kostenfrei angefordert werden. Dort finden sich auch Video-Tutorials mit Dr. Manfred Thomas, die die wichtigsten Untersuchungsschritten für eine präzise Diagnose zeigen.
Und außerdem:
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Literatur
- Pecher S et al. Abstract auf der 72. Jahrestagung der VSOU e. V. vom 25.–27.04.2024 in Baden-Baden; Abstract-Nr.: VSOU24-517