Fette sind lebenswichtige Nährstoffe für den Menschen. Durch eine kluge Auswahl gesunder Fette lassen sich entzündliche Krankheiten vorbeugen und Heilungsprozesse unterstützen, dennoch ist ein Mangel an gesunden essenziellen Fetten weit verbreitet. Labormessungen von Fettsäuren sollten als Entscheidungsgrundlage für die ernährungsmedizinische Beratung dienen, zahlreiche „offizielle“ Ernährungsempfehlungen in Bezug auf Fette sind nicht belegt. Niels Schulz-Ruhtenberg plädiert für einen „Öl-Wechsel“ in der Küche.
Im Körper des Menschen kommen verschiedene Arten von Fetten bzw. Fettsäuren vor. Bestimmte Fettsäuren sind essenziell, der Körper kann sie nicht selber herstellen. Dazu gehören die Linolsäure (Omega-6-Fettsäure) und die Alpha-Linolensäure (Omega-3-Fettsäure). Sie sind am Aufbau von Zellmembranen beteiligt und steuern über die Bildung von Prostaglandinen viele lebenswichtige Prozesse im Körper. Cholesterin beispielsweise ist Ausgangsubstanz für die Bildung von Hormonen und Vitamin D.
Anti-inflammatorische Ernährung
Akute Entzündungen sind sinnvoll im Rahmen von Heilungsprozessen. Im Gegensatz dazu sind chronische nicht-selbstlimitierende Entzündungsprozesse (silent inflammation) ein wichtiger Faktor bei vielen chronischen Krankheitsprozessen. In der Regel werden dann vor allem anti-entzündlich wirkende Medikamente (NSAR, Cortison) eingesetzt. Diese hemmen jedoch nur die Cyclooxigenasen. Die Lipoxigenasen werden nicht gehemmt, dadurch wird die Bildung der proentzündlichen Leukotriene der Serie 4 nicht blockiert. Unterstützend kann man über die Ernährung Entzündungsprozesse im Körper beeinflussen, sowohl therapeutisch als auch präventiv. Die entscheidende Bedeutung kommt dabei den mehrfach ungesättigten Omega-3 Fettsäuren EPA und DHA zu. Diese verhindern die Entstehung der Entzündung (Adam 2003). Darüber hinaus wird über die Produktion von Lipidmediatoren (Resolvine und Protectine) eine programmierte Beendigung von Entzündungen gefördert (Stulnig 2015, Neuhofer 2013, Itariu 2012, Richter 2012).
Wir führen in unserer ernährungsmedizinischen Praxis seit vielen Jahren regelmäßig Fettsäure-Messungen bei Patienten und Sportlern durch, bei denen die Versorgung und die Verteilung bestimmter Fettsäuren im Körper anhand von Serumanalysen ermittelt wird (zu den labormedizinischen Details siehe Artikel von Bayer und Schmidt). In Bezug auf die lebenswichtigen maritimen Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA messen wir in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle eine zum Teil erhebliche Mangelversorgung. Parallel finden wir oft eine Erhöhung von (potenziell) entzündungsfördernden Fetten wie der Arachidonsäure, eine mehrfach ungesättigte Omega-6 Fettsäure. Abbildung 1 zeigt einen entsprechenden Laborbefund mit einer pro-entzündlichen Fettsäure-Konstellation. In Bezug auf die essenzielle Omega-6-Fettsäure Linolsäure sehen wir nur sehr selten eine Mangelversorgung in den Blutanalysen. Oft aber eine relative Überversorgung, erkennbar in der Fettsäure-Analyse an einem erhöhten Quotienten von Omega-6/Omega3 und Arachidonsäure/EPA-Omega-3 sowie einem erniedrigten Omega-3-Index.
Die ernährungsmedizinische Therapie besteht dann aus einer Ernährungsumstellung mit erhöhter Zufuhr Omega-3-haltiger Lebensmittel. Außerdem sollte die Zufuhr der entzündungsfördernden Arachidonsäure mit dem Essen gesenkt werden. Dazu sollte die Qualität des Fleisches beachtet werden. Der Arachidonsäuregehalt (in mg/100 g Lebensmittel) ist am geringsten in Wild- (20 mg), Rindfleisch (30 – 40 mg), Lamm (80 mg) und ist bei Fleisch aus der Massentierhaltung deutlich höher (Schwein 230 mg, Huhn 160, Suppen-Huhn und Pute 300 – 800 mg). Viele Fertiggerichte enthalten zu viele Omega-6-Fettsäuren und sollten gemieden werden. Auch Getreide enthält ein ungünstiges Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren und weitere Inhaltstoffe wie Lektine, Gluten und Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI), die pro-inflammatorisch wirken können (Cordain 2011). Daher setzen viele Sportler aus meiner Sicht zu Recht auf eine möglichst Getreide-arme und vor allem Weizen-freie Ernährung.
In Bezug auf Omega-3-haltige Lebensmittel ist wichtig, dass u.a. Zuchtlachs oft sehr hohe Mengen an Schadstoffen enthält (z. B. Ethoxyquin) und daher nicht verzehrt werden sollte. Auch Thunfisch ist in dieser Hinsicht kritisch zu sehen. In vielen Fällen reicht eine optimierte Lebensmittel-Auswahl messbar nicht aus, um eine ausreichende Versorgung mit lebenswichtigen EPA/DHA-Omega-3-Fettsäuren sicherzustellen. Dann ist eine Nahrungsergänzung mit hochwertigen Omega-3-Präparaten sinnvoll, um die Versorgungssituation nachhaltig zu verbessern und so Heilungsprozesse zu unterstützen. Die Umwandlung von pflanzlicher Omega-3-Fettsäure alpha-Linolensäure (z. B. Leinöl) in die maritime Omega-3-FS EPA ist limitiert. Eine Umwandlung in DHA findet nicht statt (Stossier 2009). Leinöl alleine ist für eine Optimierung der Omega-3-Versorgung daher nicht ausreichend.
Der Verzehr von Omega-6-reichen Pflanzenölen sollte reduziert werden, da es keinen Beweis für einen Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt (Stulnig 2015) und sie zu einer entzündungsfördernden Stoffwechsellage beitragen. Außerdem hemmt eine hohe Omega-
6-Zufuhr die Möglichkeit pflanzliche Omega-3-Fettsäuren in EPA aufzubauen.
Fazit
Mehr gesunde Fette! Eine optimale Versorgung mit gesunden und lebenswichtigen Fettsäuren leistet einen wichtigen Beitrag für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Heilungsprozesse. Durch eine Ernährungsumstellung und Fett-Modifikation („Öl-Wechsel in der Küche“) und eine anti-entzündliche Nährstofftherapie kann die Therapie von Seiten der Orthopädie, Physiotherapie oder Osteopathie erfolgreich unterstützt werden. Vor allem die sehr verbreitete Unterversorgung mit maritimen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA sollte stärker beachtet werden. Wichtig ist eine individuelle Beratung des Sportlers bzw. Patienten, idealerweise auf Basis spezieller Fettsäure-Labormessungen inkl. Omega-3-/6-Versorgung (Messen-Wissen-Handeln).
Kasuistik: Chronisch-rezidivierende Muskelverletzungen bei systemischer Entzündungsneigung im Profi-Fußball
Ein 25-jähriger Fußballspieler (1. Bundesliga) klagt über chronisch-rezidivierende muskuläre Probleme mit Muskelentzündungen, Neigung zu Muskelkrämpfen und subjektiv vorzeitiger Ermüdung. Aktuell Muskelfaserriss im Oberschenkel mit mehrwöchiger Trainings- und Spielpause. In der ernährungsmedizinischen Labordiagnostik finden sich neben einem ausgeprägten Vitaminmangel ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren (EPA, DHA), ein erhöhter AA/EPA-Quotient und ein verminderter Omega-3-Index. Damit besteht bei diesem Patienten eine pro-inflammatorische Stoffwechsellage, die eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit (mit-)bedingt und sich ungünstig auf den Heilungsverlauf auswirken kann. Gerade bei langwierigen, hartnäckigen Beschwerden im Muskel-Sehnen- oder im Knorpel-Knochen-Bereich sollte neben Schonung und lokaler Therapie auch das Gesamtsystem und vor allem der Entzündungsstoffwechsel berücksichtigt werden. Für eine anti-inflammatorische Therapie stehen dann neben der Ernährungsumstellung auch verschiedene anti-inflammatorische Mikronähstoffe und Substanzen zur Verfügung. Oft ist der Einsatz hochwertiger Omega-3-Präparate sinnvoll.
Literatur
- Adam O et al, Anti-inflammatory effects of low arachidonic acid diet and fish oil in patients with rheumatoid arthritis. Rheumatol. Int. 2003;23:27-36
- Cordain L., Getreide- das zweischneidige Schwert der Menscheit, Novagenics Verlag, 2011
- Estruch R et al, Primary Prevention of Cardiovascular Disease with a Mediterranean Diet (PREDIMED), N Engl J Med 2013;368:1279-90
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- Neuhofer A, Zeyda M, Mascher D et al, Impaired local production of pro-resolving lipid mediators in obesity and 17-HDHA as a potential treatment for obesity-associated inflammation. Diabetes Diabetes 2013;2:1945-1956
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- Richter V., Hamm M., Omega-3-Fettsäuren und Resolvine: Implikationen für die Atheroskleroseprävention. Perfusion 2012;25:144-151
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- Smith GI et al., Dietary omega-3 fatty acid supplementation increases the rate of muscle protein synthesis in older adults: a randomized controlled trial, Am J Clin Nutr 2011; 93:402-12
- Stossier H, Bayer W, Studie zum Einfluss von Leinöl und Fischöl als Quellen für Omega-3-Fettsäuren auf den Fettsäurestatus. Zs.f.Orthomol.Med. 2009;7:11-15
- Stulnig T, Mehrfach ungesättigte Fettsäuren in der Prävention von Herz- und Gefäßerkrankungen, Ernährungs-Umschau 2015; 10: M596-599
Bücher zum Thema
- Gonder, U und Worm N, Mehr Fett, systemed-Verlag, ISBN 978-3-927372-54-2
- Feil W und Feil F, Die FAST-Formel, Was erfolgreiche Sportler anders machen, ISBN 978-3-00-046070-8
- Strunz U und Jopp Andreas, Fit mit Fett, Heyne-Verlag, ISBN 978-3-453-603479
Autoren
ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Ernährungsmedizin und Sportmedizin mit eigener Praxis für Ernährungsmedizin in Hamburg. In seiner Praxis betreut er auch zahlreiche Leistungssportler und nutzt die Erkenntnisse zur Leistungsoptimierung auch für die Beratung von beruflichen Leistungsträgern. Schwerpunkte: Ernährungsberatung, Sporternährung, Vitamin-Sprechstunde.