Kniearthrose als eine der häufigsten degenerativen Gelenkerkrankungen, ist mit erheblichen Einschränkungen von Lebensqualität und hohen Gesundheitskosten verbunden (geschätzte Behandlungskosten 12 Milliarden Euro im Jahr 2020) und führt zu Schmerzen und Funktionsverlust.
In den letzten Jahren wurde der Forschungs- und Behandlungsschwerpunkt der meist invasiven Verfahren sehr erfolgreich stetig verbessert. All diese Therapien beziehen den Patienten erst einmal nur passiv in die Behandlung ein und haben ein lange Rehabilitationszeit. Daher ist es besonders spannend, wenn in Studien mechanisch wirksame Ansätze, die aktiv umsetzbar sind, in den Fokus gelangen. Die im „The Lancet Rheumatology“ publizierte Studie von Uhlrich et al. untersucht, ob personalisierte Gangschulung mit gezielter Veränderung des Fußwinkels zwischen 5 und 10 ° Knieschmerz und strukturelle Progression nachhaltig verbessert [1].
In dieser randomisierten Studie wurden 68 Personen mit symptomatischer medialer Kniearthrose im Human Performance Laboratory und im Lucas Center for Imaging der Stanford University, CA, USA, in zwei Gruppen unterteilt. Beide absolvierten 6 Einheiten Gangtraining auf dem Laufband, 43 Personen wurden Biofeedback gesteuert angeleitet, beim Gehen zur Entlastung des med. Kompartments personalisiert zwischen 5 und 10 ° den Kniewinkel zu verändern, die Kontrollgruppe durfte im natürlichen Gang gehen. Das Ergebnis war tatsächlich vielversprechend (siehe Abb.). Durch personalisierte Fußwinkel-Modifikationen können Schmerzen verbessert werden, Kniebelastung verringert und das Fortschreiten der OA verlangsamt werden, was sie zu einer vielversprechenden nicht-operativen Behandlungsoption für ausgewählte Patienten mit medialer Kniearthrose macht, gerade für Patienten, die als Risikopatienten für Operationen in Bezug auf Infektionsrisiko, Adipositas oder kardioembolischen Gründen nicht operiert werden können.

Gehen als zentraler Bestandteil des Menschen
Neue pharmakologische Ansätze wie MMP-Inhibitoren oder Bisphosphonate sowie Fortschritte in Bildgebung und Operationstechnik eröffnen langfristig zusätzliche Möglichkeiten. Dennoch bleibt die mechanische Überlastung ein zentraler Pathomechanismus, der in Prävention und Therapie adressiert werden muss, wie von Oronowicz, Punger & Tischer betont wird [2]. Es gibt nur begrenzte Möglichkeiten, die mechanische Überlastung konservativ zu reduzieren. Hierbei spielt die Ganganalyse, aber noch viel mehr die konsequente Gangschule und das „Priming“ bestimmter neuronaler Ansteuerungsareale auf das personalisierte richtige Gehen im Alltag meiner Erfahrung nach eine wichtige Rolle. Seit über 15 Jahren führte ich über 3.000 Ganganalysen und vor allem auch personalisierte Gangschulungen durch. Gehen als zentraler Bestandteil der Menschen bietet den Vorteil, dass es im Alltag immer und jederzeit geübt und trainiert werden kann. Allein die Selbstwirksamkeit, die dadurch entsteht, dass man bei jedem Schritt selbst entscheiden kann, ob es „Belastung“ oder „Training“ ist, empfinden die Patienten als erleichternd. Kein Gerät, kein Zeitaufwand-keine Kosten! Gehen geht immer. Gerade Kniepatienten mit medialer Gonarthrose können mit kleinen Korrekturen der Rotation, wie im Artikel erwähnt, und einer erhöhten Aufmerksamkeit in Bezug auf das Abrollen des Fußes besonders am Schrittende das „toe off“ über die Großzehe sehr gut von einer langfristigen Gangumstellung profitieren. Meiner Erfahrung nach kann die Gangschulung mit wenigen Trainingseinheiten sehr gut von den Patienten umgesetzt werden und sie spüren schnell eine Linderung, wenn sie achtsam bleiben.
Fazit
Zusammenfassend ergänzt die Ganganalyse und die bewusste Gangkorrektur kostengünstig und eigenverantwortlich die konservativen, aber auch die operativen Maßnahmen und sollten daher mit in das Therapieschema, vor allem am Anfang der Arthrosetherapie, begleitend eingesetzt werden. Den Patienten wird damit auch die Möglichkeit gegeben, eigenverantwortlich täglich in die Therapie einbezogen zu werden.
Literatur
[1] Uhlrich SD, Mazzoli V, Silder A, Finlay AK, Kogan F, Gold GE, Delp SL, Beaupre GS, Kolesar JA. Personalised gait retraining for medial compartment knee osteoarthritis: a randomised controlled trial. Lancet Rheumatol. 2025 Aug 12:S2665-9913(25)00151-1. doi: 10.1016/S2665-9913(25)00151-1. Epub ahead of print. PMID: 40816302.
[2] Oronowicz, J., Punger, A. & Tischer, T. Einfluss der Biomechanik des Kniegelenks auf die Entstehung von überlastungsbedingter Gonarthrose. Arthroskopie 38, 44–50 (2025). https://doi.org/10.1007/s00142-024-00736-0
Autoren
ist staatlich anerkannte Physiotherapeutin und Geschäftsführerin Traunmed Sport- & Rehazentrum, Traunreut. Sie ist ehemalige Physiotherapeutin des Deutschen Skiverbandes (DSV) und der Deutschen Zehnkampf Nationalmannschaft + weitere Zusammenarbeit mit Spitzensportlern u. a. im Bereich Bewegungsdiagnostik.




